Ethics & Responsibility an der RWTH Aachen
An der RWTH Aachen gibt es eine Vielzahl von Aktivitäten im Bereich Ethics & Resposibility. Diese umfassen neben Forschung, Lehre und Transfer mit E&R-Fokus auch Formen der Governance zur verantwortungsorientierten Gestaltung von Hochschulen.
Die Anforderungen an die verantwortungsorientierte Gestaltung von Hochschulen sind vielfältig, gerade dann, wenn sie als Akteure im gesellschaftlichen Wandel sichtbar werden. Die RWTH hat diese Sichtbarkeit in vielen Bereichen, beispielsweise im Kontext der Transformation des Braunkohlereviers, in Bezug auf aktuell öffentlich viel diskutierte Themen, wie z.B. zu Künstlicher Intelligenz, oder im Zusammenhang mit Open Innovation. Aber auch jenseits der öffentlichen Wahrnehmung durchdringen Verantwortungsfragen nahezu alle Bereiche der Universität.
Das Spektrum an Fragen verantwortungsvoller Gestaltung reicht von Formen der Governance, der Identifikation und Diskussion von Verantwortungsfragen in der Forschung, über Trainings und Kommunikation bis hin zur Adressierung von Verantwortungsfragen in der Lehre. Die RWTH hat in all diesen Bereichen Maßnahmen und Aktivitäten etabliert und baut diese stetig aus. Durch die systematische Vernetzung der Aktivitäten im Bereich E&R kann nicht nur die vorhandene Vielfalt sichtbar gemacht werden, sondern auch das darin liegende Potenzial durch Synergiebildung an Anwendungs- und Umsetzungsmöglichkeiten zur vollen Entfaltung gebracht werden.
Die obenstehende Grafik bietet einen ersten, unvollständigen Überblick über verschiedene Aktivitäten im Bereich Ethics & Responsibility an der RWTH und wird regelmäßig aktualisiert.
Institutionelles
Die RWTH hat verschiedene Formen der Governance eingerichtet, um die verantwortungsvolle Gestaltung von Forschung und Lehre sicherzustellen. Aktuell gibt es mehrere Kommissionen bzw. Ausschüsse in diesem Bereich, welche jeweils einen anderen Schwerpunkt besitzen.
Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis
Fakultätsübergreifend existiert eine Rektoratskommission zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Die Untersuchungskommission dient der Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis an der RWTH. Die Anforderungen an wissenschaftliche Redlichkeit, denen alle wissenschaftlich Tätigen und Studierenden an der RWTH verpflichtet sind, hat die RWTH in ihren Leitlinien und Verfahren zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis veröffentlicht.
Das Rektorat hat darüber hinaus vier unabhängige Vertrauenspersonen (Ombudspersonen) bestellt, an die sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der RWTH Aachen in Konfliktfällen wie auch in Fragen vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens wenden können.
Ebenfalls am Rektorat angesiedelt ist der Tierschutzausschuss der RWTH. Dieser widmet sich insbesondere dem Umgang mit Versuchstieren. Das Institut für Versuchstierkunde sowie Zentrallaboratorium für Versuchstiere der Uniklinik Aachen hat dazu mit dem Rektorat einen Tierschutz-Codex veröffentlicht.
In Hinblick auf weitere Forschungsaktivitäten existieren zwei Ethik-Kommissionen an der RWTH: Die Ethikkommission der Fachgruppe „Empirische Humanwissenschaften“ der Philosophischen Fakultät und die unabhängige Ethikkommission der Medizinischen Fakultät. Außerdem gibt es am Universitätsklinikum Aachen ein Klinisches Ethik-Komitee. Seine Aufgabe ist die Beratung dilemmatischer patientenbezogener Behandlungsentscheidungen.
Stabstelle Nachhaltigkeit und Hochschulgovernance
Mit Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit existiert an der RWTH bereits eine zentrale Anlaufsstelle. Die Stabstelle Nachhaltigkeit und Hochschulgovernance arbeitet in enger Abstimmung mit dem Rektorat daran, die bereits bestehenden Aktivitäten in drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – an der RWTH strukturiert zu erfassen und zu bündeln. Ziel ist unter anderem die gemeinsame Entwicklung eines Nachhaltigkeitsleitbilds und Bündelung von Informationen, Initiativen und Projekte zum Thema Nachhaltigkeit.
Lehre
Ethics & Responsibility im Lehrplan
Mit dem Modulbaustein „Wissenschaftliche Integrität“, welcher ab dem Wintersemester 20/21 zum ersten Mal angeboten wird, wurde das Thema guter wissenschaftlicher Praxis in die Lehre integriert. Für alle Studierenden, die sich ab dem 01.10.2020 in einen Masterstudiengang eingeschrieben haben, ist das Bestehen des MOOCs Voraussetzung für die Zulassung zur Masterarbeit. Damit werden Themen der Ethics & Responsibility erstmals fächerübergreifend als Teil der übergeordneten Prüfungsordnung aufgenommen.
Ein weiteres Beispiel für die Integration von E&R-Themen in den Lehrplan ist die Ringvorlesung „Herausforderungen verantwortlicher Technikgestaltung“ im Kooperationsstudiengang Bauingenieurwesen.
Projekt Leonardo
Seit über zehn Jahren bietet das „Projekt Leonardo“ interdisziplinäre Lehrveranstaltungen zu gesellschaftlichen Herausforderungen an, die Studierenden aller Fachrichtungen offenstehen. Neben der Interdisziplinarität sind Verantwortung, Mitgestaltung und Teilhabe zentrale Kerngedanken des Projekts. Die Angebote im Projekt Leonardo fördern dabei die Befähigung von Studierenden, ihr fachspezifisches Wissen in einem weiteren Kontext zur Bewältigung globaler und gesellschaftlicher Herausforderungen zu nutzen und so verantwortungsbewusst Probleme zu lösen. Das Angebot an Lehrveranstaltung wird jedes Semester angepasst. So wurden im Wintersemester 20/21 unter anderem Veranstaltungen zu den Themen „Effektiver Altruismus“ oder „Sustainable Development Goals“ angeboten
Neue Masterstudiengänge
Unter der Leitung der Professuren der Fachgruppe Mensch-Technik-Gesellschaft wurden zwei neue Masterstudiengänge an der RWTH ins Leben gerufen, welche sich direkt mit Verantwortungsfrage befassen. Der Masterstudiengang Computational Social Systems behandelt soziale, moralische und ethische Fragen rund um die Produktion, Analyse und Nutzung von Daten im individuellen, organisatorischen und sozialen Kontext mit Methoden der Informatik und der Datenwissenschaft. Der Masterstudiengang Governance of Technologie ist an der Schnittstelle von Wissenschaftsforschung, Politikberatung und öffentlicher Verwaltung angesiedelt. Im Mittelpunkt stehen Fragen unsicheren Wissens und Entscheidens unter komplexen sozio-technischen Bedingungen.
Forschung
Verschiedene Lehr- und Forschungsgebiete der RWTH befassen sich inhaltlich mit Forschungsfragen im Bereich Ethik und Verantwortung.
Innerhalb der Fachgruppe Mensch-Technik-Gesellschaft sind beispielsweise die Professur für Angewandte Ethik von Prof. Saskia Nagel, sowie der Lehrstuhl Technik und Gesellschaft von Prof. Stefan Böschen angesiedelt.
Am Institut für Soziologie leitet Prof. Torsten H. Voigt das Lehr- und Forschungsgebiet Technik und Diversität. Das Lehr- und Forschungsgebiet Gender und Diversity in den Ingenieurwissenschaften unter der Leitung von Prof. Carmen Leicht-Scholten, zu welchem auch der RRI Hub gehört, ist an der an der Fakultät für Bauingenieurwesen angesiedelt.
An der medizinischen Fakultät befasst sich das Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin unter der Leitung von Prof. Dominik Groß mit Fragen der Medizin- und Technikethik.
Die genannten Beispiele zeigen, dass Forschungsprojekte zu verantwortungsvoller Gestaltung fakultätsübergreifend behandelt werden, stellen jedoch keine vollständige Auflistung aller Forschungsaktivitäten der RWTH im Bereich E&R dar.
Transfer
Code of Conduct für den Umgang mit Dritten
Die RWTH Aachen ist seit ihrer Gründung bestrebt, Forschung und Lehre im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung einer Universität zu betreiben. Ein wesentliches Ziel der RWTH Aachen ist daher, Wissen für Wirtschaft und Gesellschaft nutzbar zu machen. So arbeitet die RWTH Aachen seit Beginn eng mit der Wirtschaft zusammen, um den Transfer von Erkenntnis in die Praxis schnellstmöglich voranzubringen.
Um für die Kontakte mit Dritten eine Orientierungshilfe bieten zu können, bezieht sich der „Code of conduct“ der RWTH Aachen auf bestehende Verhaltensgrundsätze und Richtlinien für die Hochschulmitglieder zum Umgang mit Dritten und fasst diese zur Vereinfachung zusammen.
Der RRI Hub und “Collaboration in Living Labs“
Eine wichtige Maßnahme im Zuge verantwortungsvoller Gestaltung von Forschung ist der Responsible Research and Innovation Hub an der RWTH, kurz RRI Hub. Ziel ist eine intensive Kooperation zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ab, die zu mehr wechselseitiger Transparenz und Akzeptanz beiträgt und aus der Lösungen für komplexe Herausforderungen hervorgehen.
Der RRI ist Teil der Maßnahme „Collaboration in Living Labs“ der RWTH-Exzellenzstrategie. In den sogenannten Living Labs soll künftig innovative Forschung unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sowie anderer Interessensgruppen stattfinden. Der Living Labs Incubator der RWTH erforscht, vernetzt und begleitet die existierenden Reallabormaßnahmen rund um die RWTH.
Die Einbindung von Öffentlichkeit, Industrie und Politik beschränkt sich jedoch nicht nur auf Aktivitäten aus der genannten Fördermaßnahme. Zukünftig sollen hochschulweit Industrieworkshops zum Thema Ethik und Verantwortung, sowie Politikberatung weiter etabliert werden.